Die alten chinesischen Zeichen entfalten ihre ganz eigene Welt. Sie bilden die Grundlage für eine Philosophie, bei der Bilder und Worte, geistige Ideen und praktische Arbeit auf wunderbare Weise ineinander fallen. Bei der Übersetzung in westliche Sprachen entstehen dabei aus wenigen Zeichen die berühmten „chinesischen Weisheiten“, die irgendwie immer passen und dabei nie eindeutig zu sein scheinen. Aber wie sieht diese Welt von innen aus? Ein paar Einblicke bekommen sie hier.

Artikel zur chinesischen Philosophie

von Wang Ning

Dao – der Weg zum langen Leben

Nach chinesischer Ansicht hat der Mensch einen Weg gefunden, sein Leben schön und glücklich zu gestalten. Ein »langes Leben« wird als höchstes Ziel für das Individuum gesetzt. Wang Ning beschreibt überwiegend aus daoistischer Sicht, worum es bei einem langen Leben geht…

Yin/Yang-Konzept

Bewegung und Stille, hart und weich stehen beispielhaft für die komplementären Gegensätze im Yin/Yang-Konzept. Die in den Schriftzeichen verwendeten Bilder zeigen, dass beispielsweise die Stille eine fortwährende Bewegung enthält und gleichzeitig mit dem Ursprung des Lebens assoziiert wird. Hart und weich werden symbolisiert durch die Bewegungen…

Fu – das Glück

Zusammen mit einem »langen Leben« sind Glück und Reichtum in China die wichtigsten Ziele für den Lebensweg. »Glück« wird dabei zu einem quasi religiösen Begriff, ob er erreicht wird, hängt vom eigenen Einsatz und von göttlicher Gnade ab. Dass der Mensch Glück und Unglück letztlich kaum ermessen kann, zeigt die Geschichte vom alten Mann an der Grenze, der sein Pferd verloren hat – in China ein geflügeltes Wort, wenn jemandem ein vermeintliches Unglück zustößt…

Lu Reichtum

Nach langem Leben und Glück ist in China Reichtum das dritte von diesen untrennbaren Zielen auf dem Lebensweg. Was unter Reichtum verstanden wird, hat sich im Laufe der Zeiten verändert, das drückt sich auch in den verschiedenen Zeichen für diesen Begriff aus. Das rechte Maß zu erkennen scheint in diesem Zusammenhang das Wichtigste zu sein…

Wo– Das unterdrückte Ich

Das Ich zu vergessen gilt im Daoismus, im Buddhismus und im Konfuzianismus als wichtiges Ziel – tatsächlich hat das Ich in der chinesischen Lebensauffassung ohnehin keinen rechten Platz. Das Zeichen ist von vornherein negativ besetzt, seine Verwendung wird als Ausgrenzung und Herablassung empfunden. Gleichzeitig besteht jedoch zunehmend der Wunsch, das zu tun, »was ich möchte«…

Der weite Weg zur himmlischen Harmonie

Nach Harmonie zu streben macht einen wesentlichen Teil der chinesischen Kultur und Lebensweisheit aus und scheint heutzutage in Anbetracht der gesellschaftlichen Veränderungen sogar dringlicher zu sein als früher. Wang Ning zeigt anhand verschiedener Begriffe, die Harmonie ausdrücken, dass es dabei immer um Gleichheit, Ruhe, Gerechtigkeit geht, um ein friedliches Mit- einander. Und damit knüpft er an seinen Beitrag über das »unterdrückte Ich« an, denn das Ich scheint die Harmonie zu stören…

Der Anfang

Der Anfang wird in der chinesischen Schrift durch vielerlei Bilder dargestellt – Geburt, Kopf, Quelle, Morgenlicht, Osten, Frühling, Wurzel, das Öffnen einer Tür und anderes mehr. Den eigentlichen Anfang bildet die Eins, die wiederum als Beginn des Universums gleichzeitig das Ganze beinhaltet. Als waagerechte Linie hat sie zwei Enden, die gleichermaßen Anfang und Ende sein können…

Shi Jian – die Zeit

Der chinesische Begriff für Zeit beinhaltet gleichzeitig zeitliche wie räumliche Aspekte. Er umfasst Anfang, Unendlichkeit und Ende – die Unendlichkeit wird wiederholbar und Zeit damit bedeutungslos. Für die Menschen erhält sie durch das Streben nach einem langen Leben jedoch wieder große Wichtigkeit…

Taijiquan – Die Schriftzeichen im Detail

Taijiquan ist neben dem chinesischen Essen, der chinesischen Medizin etc. ein wichtiger Bestandteil der chinesischen Kultur geworden, welcher im Westen große Beliebtheit erreicht hat. Vor nicht all zu langer Zeit war Taijiquan noch ein Fremdwort und wenn, dann unter dem Begriff Schattenboxen bekannt. Es wurde als „langsame Gymnastik“ bezeichnet und folgendermaßen dargestellt: „Die alten Leute in China machen diese Übungen morgens im Park“. Heutzutage kann man fast mit jedem über Taijiquan sprechen, ohne zuerst den Begriff erklären zu müssen. Taijiquan ist in. Diese Bewegung hat auch Auswirkungen auf sein Heimatland. China selbst strengt sich viel mehr an, um diesen Schatz, und das damit verbundene Wissen, aus der verborgenen Tiefe herauszuholen. Es ist nicht mehr eine einfache „Alte-Leute-Sache“. Es ist ein zutiefst interessanter Teil der Kampfkunst und Lebensphilosophie. Die Legende lebt…